Energetische Quartierssanierung

Unabhängig von der heterogenen Ausgangssituation der Quartierstypen liegen die zentralen Handlungsfelder der energetischen Stadtsanierung in der Steigerung der Energieeffizienz der Gebäude, der Optimierung der Wärmeversorgung, der Erhöhung des Anteils regenerativer Energien im Quartier, der lokalen Mobilitätswende sowie der Anpassung an die Folgen des Klimawandels. Zwischen den Handlungsfeldern bestehen enge Wechselbeziehungen, die im Einzelfall vor Ort zu einem lokal angemessenen Handlungskonzept zu entwickeln sind.

Auch für das jeweilige Quartier individuell ausgewählte Handlungsfelder (z.B. Digitalisierung) können betrachtet werden oder Machbarkeitsstudien erstellt werden. 

Energetische Quartierssanierung
Energieeffizienz der Gebäudesanierung

Die Effizienzsteigerung im Gebäudebereich gehört zu den wichtigsten Handlungsfeldern der energetischen Stadtsanierung. Das größte CO2-Minderungspotenzial im Rahmen der energetischen Gebäudesanierung liegt in der Reduktion des Energieverbrauchs für Raumwärme. Hier entfielen 71% des Endenergieverbrauchs in Privathaushalten im Jahr 2019 auf die Heizwärme der Wohngebäude, weit vor Warmwasser (15%), sonstigen Betrieb von Elektrogeräten (8%), sonstiger Prozesswärme (5%) und Beleuchtung (1%). (Statistisches Bundesamt (Destatis), 2022) 

Die energetische Ertüchtigung der vorhandenen Bausubstanz ist allerdings nicht nur unter Klimaaspekten, sondern auch vor dem Hintergrund steigender Energiepreise und damit verbundener Bewirtschaftungs- bzw. Wohnkosten von Bedeutung. In den Quartieren sind aus diesem Grund nicht allein Wohngebäude, sondern auch Gemeinbedarfseinrichtungen und Nichtwohngebäude in die Strategien zur Sanierung einzubeziehen.

Energieeffiziente Wärmeversorgung

Die Anpassung der Wärmeversorgung an den zukünftigen Verbrauch ist ein weiterer wichtiger Baustein der Energieeffizienz. Die Wärmeversorgung eines Gebäudes kann entweder individuell oder durch quartiersbezogene Wärmenetze erfolgen. Bei Überlegungen zur zukünftigen Wärmebereitstellung ist neben der Wahl der Energieträger und deren CO2-Faktor auch die Effizienz des zukünftigen Versorgungssystems von Bedeutung.

Im Integrierten Quartierskontext ist sowohl das Erschließen neuer Potenziale für eine zentrale Wärmeversorgung (Fern- und Nahwärmelösungen), als auch die Entwicklung dezentraler Wärmekonzepte (Wärmepumpe) herauszuarbeiten. Dabei ist das Wechselverhältnis zwischen Wärmeabnahme und Wärmebereitstellung in Übereinstimmung zu bringen. Je geringer der Transmissionswärmeverlust durch die Gebäudehülle ist, desto weniger Heizwärmeenergie wird benötigt. Mit dem Ausbau von Wärmenetzen z.B. auf Grundlage von Großwärmepumpen sind weitere Energiegewinnungen verbunden, da sie mit erneuerbarem Strom (z.B. aus Photovoltaik) betrieben werden sollten. 

Nutzung regenerativer Energien im Quartier

Fast in jedem Quartier ergeben sich Möglichkeiten, den Anteil Erneuerbarer Energien an der Energieerzeugung zu erhöhen. Dabei sind die Potenziale in Siedlungszusammenhängen in der Regel nicht komplexe alternative Lösungen, sondern in der Regel kleinteilige Maßnahmen, die der vorhandenen Bebauungsdichte angemessen sind. Die Potenziale liegen in der Nutzung von Wärme und Strom aus gebäudebezogenen Photovoltaikanlagen, großflächigen Solarthermiefeldern, ggf. der Nutzung von lokaler Biomasse zur Wärmeproduktion sowie der Nutzung von quartiersbezogenen Geothermieanlagen und (Groß-)Wärmepumpen. Im Integrierten Quartierskonzept sind die Potenziale für die Gewinnung regenerativer Energie zu erheben sowie Strategien zur Förderung und wirtschaftlichen Umsetzung ggf. durch neue Trägerformen (z.B. lokale Energiegenossenschaften) zu entwickeln.

Klimagerechte Mobilität

Zusätzliche Potenziale zur Senkung der CO2-Emissionen und Steigerung der Energieeffizienz liegen im Handlungsfeld der Mobilität. Mit einem Anteil von 20% gehört der Verkehr zu den großen Verursachern von CO2-Emissionen in Deutschland (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit: Klimaschutz in Zahlen. Fakten, Trends und Impulse deutscher Klimapolitik, Ausgabe 2021, Berlin 2021: 26). Dem Verkehrssektor ist im Rahmen von Strategien für den Klimaschutz auch deswegen besondere Beachtung zu schenken, weil sich die Klimabelastungen aus dem Verkehr im Vergleich zu anderen Sektoren in den vergangenen Jahren deutlich ungünstiger entwickelt haben. Ein zentraler Grundsatz im Bereich der Verkehrsvermeidung ist das Prinzip der „Stadt der kurzen Wege“, das durch eine Nähe der städtischen Funktionen viele notwendige Wege im Umweltverbund (Fuß-, Rad-, öffentlicher Personennahverkehr) erlaubt. Im Kontext der energetischen Stadtsanierung sind die Verkehrsvermeidung und die Beeinflussung der Verkehrsmittelwahl in Richtung auf klimaschonende Verkehrsträger (Fuß- und Radverkehr, ÖPNV, Sharing-Angebote) sowie die Förderung von Elektromobilität von Bedeutung.

Weitere Informationen zum Thema Mobilität

Grüne Infrastruktur

Das Schaffen, Gestalten und Aufwerten von Grünflächen, Dachbegrünungen, Fassadenbegrünungen und Entsiegelungen spielen eine große Rolle bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels im Quartier. Entsiegelungen, die Renaturierung urbaner Gewässer und ein Regenwasser-Management sind wichtig für einen ausgeglicheneren Grundwasserspiegel. Die Begrünung von Dach- und Fassadenflächen kühlt einerseits Gebäude und hilft andererseits den Energieverbrauch zu senken. Die Vernetzung von Grün- und Freiräumen im Quartier schafft attraktive Mobilitätsräume für die Bevölkerung und die Fauna. Zu den positiven Effekten der Sicherung und des Ausbaus grüner Infrastruktur zählen die Speicherung von CO2 sowie die Verbesserung der CO2-Bilanz, eine Minderung der Überwärmung der Städte (Wärmeinseleffekte), Schutz vor Hochwasser und eine generell höhere Belastbarkeit von Ökosystemen.

Weitere Informationen zum Thema Grüne Infrastruktur

 

Stadtteilakteure einbinden

Konzepte zur energetischen Quartierserneuerung berühren die Interessen vieler: Bürgerinnen und Bürger, Wohnungswirtschaft, private Eigentümerinnen und Eigentümer sowie Gewerbetriebe im Stadtteil. Die Umsetzung kann nur gelingen, wenn viele mitmachen und an einem Strang ziehen. Deswegen sollten die Konzepte in kooperativen Verfahren unter breiter Beteiligung der Öffentlichkeit und möglichst vieler Stadtteilakteurinnen und Stadtteilakteure ausgearbeitet werden.

Mitwirkungsbereitschaft der Eigentümerschaft erkunden

Die energetische Stadtsanierung kann nur erfolgreich sein, wenn die Eigentümerschaft im Quartier im Rahmen der Konzeptentwicklung mitarbeiten und Interesse an der Umsetzung entwickeln. Insofern sollten die Kommunen vor Beginn der Konzeptentwicklung insbesondere die grundsätzliche Mitwirkungsbereitschaft (z.B. größerer Wohnungsunternehmen) im Quartier ausloten.

Lokale Energieversorgungsunternehmen frühzeitig einbeziehen

Die Stadtwerke und (lokale) Energieversorgungsunternehmen sind wichtige Partnerinnen und Partner im Rahmen der energetischen Stadtsanierung. Ihre Mitarbeit ist im Rahmen der Bestandsaufnahme wichtig, da sie verlässliche Verbrauchsdaten zur Verfügung stellen können, aber auch gerade für die Strategieentwicklung im Bereich der Wärmeversorgung sind ihr Know-how, ihre Kompetenzen und ihre Kooperationsbereitschaft gefragt. Auch in Bezug auf die Umsetzung sind sie wichtige Akteurinnen und Akteure, um die Treibhausgasemissionen im Quartier (und in der Kommune insgesamt) zu reduzieren. Außerdem kann die Gründung von Energiegenossenschaften ein gangbarer Weg sein, um lokale Energieeinsparungspotenziale zu heben sowie Bürgerinnen und Bürger einzubeziehen.

Quartiersauswahl in kommunale Gesamtkonzepte einbinden

Die Auswahl der für eine energetische Stadtsanierung in Frage kommenden Quartiere sollte in gesamtstädtische Strategien eingebunden werden. Erst auf der Basis einer vergleichenden gemeindeweiten Betrachtung und Analyse der vorhandenen Quartiere kann die Begründung für die Auswahl einzelner Gebiete sinnvoll erfolgen. Kriterien sind u.a. energetische oder stadtklimatische Missstände ebenso wie besondere stadtentwicklungspolitische Handlungserfordernisse.

Kultur der Energetischen Stadtsanierung und Verstetigung des Transformationsprozesse

Die energetische Stadt- oder Quartierssanierung kann als strategisches Element in der kommunalen Stadtplanung eingesetzt werden. Eine sehr wichtige Komponente des Gelingens ist nach Einschätzung kommunaler Vertreterinnen und Vertreter die Verstetigung des Sanierungsmanagements. Hierfür bedarf es einer Anschlussfinanzierung. Wenn diese nicht möglich ist, müssen für die unterschiedlichen Aufgaben des Sanierungsmanagements Verantwortliche gefunden werden, die entstandene Netzwerke pflegen, Beteiligungen anregen, Öffentlichkeitsarbeit und Beratungsleistungen übernehmen sowie Ansätze und Projekte weiterführen u.v.m. Die Schaffung einer für das Sanierungsmanagement zuständigen Personalstelle bei Kommunen wäre hierzu wünschenswert. Zur Finanzierung können weiter Fördermittel akquiriert werden, zielführend wäre auch eine Kooperation zur Fortführung des Sanierungsmanagements z.B. mit der ansässigen Wohnungswirtschaft oder lokalen Energieversorgern.

 

Integrierte Quartierskonzepte

Integrierte Energetische Quartierskonzepte konkretisieren Ziele und Umsetzungsstrategien für die energieeffiziente Kommune. Ein abgestimmtes Handlungskonzept ist eine wichtige Grundlage für Akteurinnen und Akteure, die an der Zukunftsfähigkeit der Städte und Gemeinden arbeiten. Durch die Einbindung aller relevanten Personen, Institutionen und Firmen werden gemeinsam getragene Ansätze möglich. Die Bausteine der Integrierten Quartierskonzepte sind:

  • Bestands- und Potenzialanalyse: Wer verbraucht, wie viel Energie im Quartier? Welche Leistungsfähigkeit haben energietechnische Infrastruktur und Leitungsnetze? Wo liegen die Potenziale für Energieeinsparung und -effizienz?
  • Handlungskonzept: Welche Ziele werden bis wann erreicht? Welche konkreten Maßnahmen sind geplant?
  • Kosten und Finanzierung: Welche Kosten sind zu erwarten? Wie sieht das Finanzierungskonzept aus? Wieviel Aufwand hat das Sanierungsmanagement mit der Umsetzung einzelner Projektbausteine?
  • Erfolgskontrolle: Wie wird überprüft, ob die angestrebten Ziele erreicht werden? Wie werden Qualitätsziele in der Umsetzung abgesichert?
  • Umsetzungsstrategie: Mit welchen Strategien soll die Umsetzung kurz-, mittel- und langfristig vorangetrieben werden? Wie werden die Akteurinnen und Akteure mobilisiert und in die Strategie eingebunden? Welche Hemmnisse sind ggf. zu überwinden?
  • Information und Beratung, Öffentlichkeitsarbeit: Wie können die relevanten Partnerinnen und Partner aktiviert werden? Welche Maßnahmen für Information, Beratung und Öffentlichkeitsarbeit sind wichtig?
Sanierungsmanagement

Eine klimaschutz- und klimaanpassungsrelevante Transformation auf Quartiersebene erfordert nicht nur fundierte Konzepte, sondern auch eine dauerhafte Koordination ihrer Umsetzung. Ein Schlüssel zum Erfolg ist es, neue Akteursgruppen für die Ziele der Energetischen Stadtsanierung zu gewinnen. Die vorgesehenen Maßnahmen sind im Verbund mit Wohnungsunternehmen, Stadtwerken, privaten Eigentümerinnen und Eigentümern, Verwaltung, Kommunalpolitik, Interessenverbänden sowie Bürgerinnen und Bürgern zu konkretisieren. Die dafür nötige Prozesssteuerung ist ein eigenes Handlungsfeld. Ein Sanierungsmanagement als zweiter Baustein des KfW-Programms 432 liefert die Möglichkeit, auch langfristige Prozesse einzuleiten. Aufgaben des Sanierungsmanagements sind beispielsweise: 

  • Bereitstellen von energetischer Fachkompetenz für ein abgestimmtes Verwaltungshandeln
  • Koordination zwischen Schlüsselakteurinnen und Schlüsselakteuren (z.B. Energieversorgungsunternehmen, Wohnungsunternehmen und Kommune)
  • Energieberatung zur Aktivierung und Überzeugung einzelner Hauseigentümerinnen und Eigentümer
  • Bürgerbeteiligung, Informations- und Öffentlichkeitsarbeit für eine breite Verankerung im Quartier
  • Verstetigung der Prozesse (z.B. durch Integration in ein umfassendes kommunales Klimaschutzmanagement oder Sanierungsgebiet).

Auch das Sanierungsmanagement lässt sich durch das flexible KfW-Programm passgenau zuschneiden. Eine eigenständige Organisation ist genauso möglich wie die Anbindung bei der Kommunalverwaltung, den Stadtwerken, einem Sanierungsbeauftragten oder einem Wohnungsunternehmen.

Förderkomponenten für die Energetische Sanierung
  • KfW 432 „Energetische Stadtsanierung – Zuschuss | Zuschuss Klimaschutz und Klimaanpassung im Quartier“: weitere Informationen (extern)
  • KfW 201 „IKK – Energetische Stadtsanierung – Quartiersversorgung | Investieren Sie in Energieeffizienz, Klimaschutz und Klimaanpassung im Quartier“: weitere Informationen (extern)
  • KfW 202 „IKU – Energetische Stadtsanierung – Quartiersversorgung | Investieren Sie in Energieeffizienz, Klimaschutz und Klimaanpassung im Quartier“: weitere Informationen (extern)
  • NBank „Energetische Stadtsanierung – Klimaschutz im Quartier“: weitere Informationen (extern)
Flankierende Förderinstrumente

Auf Bundesebene gibt es eine Reihe von Förderinstrumenten, die eine wichtige Rolle bei der klimagerechten Entwicklung der Städte und Gemeinden spielen. Sie fördern zum einen Einzelmaßnahmen (z.B. Gebäudesanierung, Energieoptimierung) und zum anderen unterstützen sie einen konzeptionellen Klimaschutz, der sowohl auf Quartiers- als auch auf Gemeindeebene ansetzt. Die KfW ist die Hauptansprechpartnerin, wenn es um zinsgünstige Darlehen bzw. Zuschüsse für private Eigentümerschaften aber auch für Kommunen geht. Außerdem sind die NBank, das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) und der Projektträger Jülich (PtJ) wichtige Fördermittelgeberinnen und -geber.

Arbeitshilfen Energetische Stadtsanierung

Die Begleitforschung Energetische Stadtsanierung (EnSa) untersucht die Anwendung des Förderinstruments KfW-Programm 432 „Energetische Stadtsanierung“ und gibt Anregungen zu dessen Weiterentwicklung. Zudem erstellt sie verschiedene Medien (Publikationen, Filme, Planspiel) und Arbeitshilfen zur Unterstützung der Umsetzung und Kommunikation der Ziele der Energetischen Stadtsanierung.